Joachim Schummer: Vorlesung im Sommersemester 1999:
Kooperationsveranstaltung der Fakultäten für Physik und für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Karlsruhe (TH)
6. Vorlesung:Mechanische Naturphilosophie - Klassische Mechanik |
Copyright Ó 1999 by Joachim Schummer
1. Begriffsgeschichtlicher Hintergrund: ‘Mechanik’
2. Mechanische Naturphilosophie
2.1 Descartes’ spekulativer Systementwurf
2.2 Varianten der mechanischen Naturphilosophie
2.2.1 Philosophiehistorischer Hintergrund
2.2.2 Korpuskulartheoretische Differenzen über die Grundeigenschaften der Materie
2.2.3 Erkenntnistheoretische und metholologische Differenzen
2.3 Mechanistisches Weltbild und Religion
3. Newton und die Entwicklung der klassischen Mechanik
3.1 Newtons mathematische Physik
3.2 Newtons Wirkungsgeschichte
Wichtige Personen |
Vergleich Aristoteles-Descartes
Aristoteles |
Descartes |
4 Ursachen mit Priorität der Zweckursache | 1 Ursache: Kausalursache |
4 Arten von Veränderung | Orts- und Gestaltveränderung |
Wahrnehmungsqualitäten mit Priorität der Grundqualitäten (warm-kalt, hart/fest-weich/flüssig) | Größe, Gestalt und Bewegung |
Naturding als Einheit von Stoff- und Formprinzip | Naturding als Einheit von räumlicher Ausdehnung und Gestalt |
Descartes Naturgesetze
Erhaltungssatz: Erhaltung der Quantität von Materie und Bewegung, gewährleistet durch die Vollkommenheit des unverändlichen Gottes.
1. Gesetz: Jede Korpuskel oder Korpuskelanballung verharrt ohne äußere Ursache in ihrem Zustand der Größe, Gestalt und Bewegung oder Ruhe.
2. Gesetz: Jeder materielle Körper im Bewegungszustand strebt nach Fortsetzung der Bewegung nur in geradliniger Richtung, nie in gekrümmter Bahn.
3. Gesetz: Regeln für Quantität und Richtung der Bewegungsgröße nach Zusammenstoß von Korpuskeln (Stoß- bzw. Druckgesetze)
Mechanistisches Reduktionsprogramm
Wahrnehmungsqualitäten z.B. Farben, Geräusche, Wärme-Kälte, Licht, Geruch, Geschmack |
Druck-/Stoßwirkung von Korpuskeln auf Sinnesorgane |
stoffliche Verschiedenheiten und Umwandlungen | Einheitsstoff der Korpuskeln, diversifiziert nach Größe, Gestalt, Lage; veränderlich über wechselnde Zusammenballungen (und ‘Abrieb’) |
Fernkräfte: Gravitation, Magnetismus und Elektrizität, |
Stoß-/Druckwirkung durch fein-korpuskulare Ströme (Äther) |
Lebenskräfte zur Organisation und Bewegung von Lebenwesen | mechanische Automaten |
Newtons mathematische Physik
Grundbegriffe, z.B.:
Axiome
Entwicklung des allgemeinen Gravitationsgesetzes
Zentrifugalkraft = Zentripedalkraft: FZp = m v2/r =m 4p 2 r/T2
nach dem 3. Keplerschen Gesetz: T2 ~ r3
Þ Zentripetalkraft: FZp ~ m/r2
zwischen 2 Massen m1 und m2 mit allgemeiner Gravitationskonstante G:
FG = G m1m2/r2
Erklärung von Galileis Fallgesetz als Näherung
Galilei: Körper beliebiger Masse fallen gleich schnell nach:
s~t2 Û v~t Û dv/dt = konst.
Newton: konst. Beschleunigung entspricht konstanter Kraft: F = m1 dv/dt
Unter der Voraussetzung: schwere Masse = träge Masse: F = FG
Þ dv/dt = G m2/r2 (= konst. für kleine Änderungen von r)
Siehe Literatur zur 5. Vorlesung, sowie
Companion to the History of Modern Science, hrsg. v. R.C. Olby, G.N. Cantor, J.R.R. Christie, M.J.S. Hodge, London-New York 1990:
Hooykaas, R.: "Das Verhältnis von Physik und Mechanik in historischer Hinsicht", in: Selected Studies in History of Science, Coimbra 1983, S. 167-89.
Laßwitz, K.: Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton, 2 Bde., Hamburg, Leipzig 1890 [Nachdruck: Hildesheim 1984].
Mason, St.F.: "Die wissenschaftliche Revolution und die protestantische Reformation", in: Geschichte der Naturwissenschaft, Stuttgart, Kröner, Kap. 16.